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3. September 20150

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Stefan Engstfeld (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Münchow, ich habe mich auch gefragt, was eigentlich der Anlass dieses Antrages ist; so richtig erschließt sich das einem nicht. Wir haben in Europa gerade tatsächlich andere Problemlagen. Das ist so ein bisschen ein Antrag aus der deutschen mono- und leitkulturellen Mottenkiste der Christdemokraten.

Das scheint der Anlass zu sein,

(Beifall von den GRÜNEN)

ab und zu mal der Partei zu sagen: Wir haben da was gemacht.

Frau von Boeselager, Sie haben auf andere Kammern verwiesen, die das Thema diskutiert und dazu Beschlüsse gefasst haben, unter anderem der Deutsche Bundestag. Ich habe mal im Protokoll nachgeschaut: Der Deutsche Bundestag hat das mal ganz zum Ende der Legislaturperiode nachts unter TOP 87 behandelt. Die Reden wurden alle zu Protokoll gegeben, und dann wurde direkt abgestimmt. So richtig Elan hatten die anderen Kammern anscheinend auch nicht, sich diesem Thema zu widmen.

Sie konstatieren in Ihrem Antrag ein Anwendungsdefizit der deutschen Sprache in den europäischen Institutionen und sagen, da müssten wir jetzt mehr tun. Ich kann dieses Anwendungsdefizit einfach nicht erkennen. Deswegen können wir Ihren Antrag leider nur ablehnen. Wir sehen keine gezielte Benachteiligung der deutschen Sprache in den europäischen Einrichtungen.

Zentral für eine europäische Verständigung und für ein funktionierendes Europa ist vielmehr, dass alle Bürgerinnen und Bürger der EU sich in ihrer Muttersprache an die Institutionen wenden können und dass alle Dokumente der Europäischen Union in die jeweiligen Muttersprachen übersetzt werden können.

Ich finde, wir sollten nicht dieses angebliche Anwendungsdefizit der deutschen Sprache in den Fokus nehmen, sondern mehr dafür sorgen, dass die Sprachkompetenz unserer Mitmenschen in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland gesteigert wird, vor allem die Fremdsprachenkompetenz. Das ist eher die Richtung, in die wir gehen sollten.

Das ist auch ein bisschen widersinnig in Ihrem Antrag: Die deutsche Bundeskanzlerin hat dafür gesorgt, dass der jetzt verabschiedete EU-Haushalt so klein gehalten wurde, dass einige Programme nicht mehr laufen können. Wenn man eine verstärkte Anwendung der deutschen Sprache fordert, braucht man dafür natürlich Kapazitäten und auch finanzielle Ressourcen, das heißt: mehr Geld.

Die deutsche Bundesregierung selber hat dafür gesorgt, dass dies nicht möglich ist. Dadurch kommt es auch schon mal zu Zeitverzögerungen bei der Übersetzung. Das kann schon sein. Aber das ist auch ein bisschen selbstverschuldet. Man müsste mehr Geld in die Hand nehmen, wenn man das abstellen wollte.

Das einzig Positive an Ihrem Antrag – da bin ich mit meinem Vorredner sehr einig – ist die Kritik an der geplanten Reform im französischen Bildungswesen. Dadurch wird das Erlernen der deutschen Sprache effektiv schwerer. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Aber ich glaube, wir brauchen keine Aufforderung vonseiten der Union, diesbezüglich Gespräche zu führen.

Das jeder auf seiner Ebene gemacht. Ich habe beim Frankreichfest in diesem Sommer noch mit dem französischen Botschafter und dem französischen Generalkonsul in Nordrhein-Westfalen gesprochen und ihm meinen Missmut darüber mitgeteilt, verbunden mit der Bitte, dies auch an die französische Regierung zu übermitteln. Mal sehen, ob das etwas bringt.

Zusammengefasst: Wir brauchen ein bisschen weniger Verkrampftheit im Umgang mit unserer deutschen Sprache. Ein wenig mehr Lust an der Multilingualität darf auch sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Stefan Engstfeld

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