Am 2. November führte die Landtagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW ein Fachgespräch zur Datenschutzreform der Europäischen Union durch. Insgesamt verfolgten etwa 60 Interessierte das Fachgespräch im Landtag oder im Livestream und beteiligten sich an einer intensiven Diskussion mit den beiden Referenten Jan Philipp Albrecht (MdEP) und Ulrich Lepper (Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW).
In seiner Einführung in das Thema stellte Matthi Bolte MdL, Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion für Datenschutz, fest, dass sich der Datenschutz in Deutschland heute auf einem hohen Standard befinde, allerdings noch stark durch Erfolge im analogen Zeitalter wie etwa das Volkszählungsurteil und die Ausformulierung eines Grundrechts der informationellen Selbstbestimmung geprägt sei. Seitdem habe sich die Welt verändert: Unter den Bedingungen der Digitalisierung würden Daten stärker ein Wirtschaftsgut, zudem bringe der digitale Wandel Herausforderungen in globalem Maßstab mit sich.
Jan Philipp Albrecht, seit 2009 GRÜNES Mitglied des Europäischen Parlaments für die GRÜNE Fraktion und zugleich Berichterstatter des Parlaments zum Kommissionsentwurf, beleuchtete die vielen Vorzüge der geplanten Verordnung, lenkte den Blick aber auch auf kritische Punkte. Drei grundsätzliche Ziele seien zu begrüßen: Erstens gebe die Verordnung erstmals einen einheitlichen Rahmen für Europa vor und beende das „Race to the bottom“ bei den Datenschutzstandards. Zweitens ließen sich mit einer einheitlichen Regelung hohe Standards auch im internationalen Kontext eher durchsetzbar gestalten, als wenn jeder europäische Staat für sich den Kampf mit den „Global Players“ aufnähme. Drittens sei es erstmals möglich, Sanktionen in einer Höhe zu verhängen, mit der die Durchsetzung der Standards auch möglich sei.
Kritsch beleuchtete der GRÜNE Europaparlamentarier die in dem Verordnungsentwurf vorgesehenen delegierten Rechtsakte. Der Rolle der Aufsichtsbehörden würde hierdurch geschwächt und zur Kommission verlagert. Die GRÜNE Fraktion im Europäischen Parlament wolle sich dafür einsetzen, die Zahl der delegierten Rechtsakte deutlich zu begrenzen. Zudem müsse die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden erhalten bleiben, was eine zusätzliche Abgrenzung von der Kommission notwendig mache.
Auch Ulrich Lepper begrüßte die Ziele des Verordnungsentwurfs. Er betonte, dass es wichtig sei, ein einheitliches Regelwerk für ganz Europa zu haben, das zudem auch noch sowohl für den öffentlichen als auch für den nichtöffentlichen Bereich gelte. Die Diskussion der Fachszene, ob und in welchem Maß die EU überhaupt eine so weitreichende Regelungskompetenz habe, bezeichnete Lepper als „theoretisch“. Relevant sei vielmehr das Schutzniveau. Hier biete der Verordnungsentwurf höhere Standards für ganz Europa. Um diese durchsetzbar zu gestalten, müssen aus Leppers Sicht möglichst viele Gesichtspunkte verbindlich in die Verordnung aufgenommen werden, da Selbstregulierung zwar grundsätzlich gut sei, sich aber an klaren gesetzlichen Standards orientieren müsse.
Lepper gab an, im Detail Regelungen zur technischen Datensicherheit zu vermissen. Kritisch sieht auch er das Letztentscheidungsrecht der Kommission in Zweifelsfällen, hier seien Interessenskonflikte nicht auszuschließen. Außerdem kritisierte Lepper ein „Zuständigkeits-Hopping“ zwischen den nationalen Datenschutzbehörden der Mitgliedsstaaten, das nur mit einer einheitlichen Europäischen Aufsicht vermieden werden könne. Diese müsse jedoch funktional ausgestaltet sein. Im Übrigen zeige der „Düsseldorfer Kreis“ als freiwilliger Zusammenschluss der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, dass auch freiwillige Koordination funktionieren könne.
Nach der anschließenden Diskussion mit dem Publikum stellte Stefan Engstfeld MdL, Europapolitischer Sprecher der GRÜNEN im Landtag, die grundsätzliche Unterstützung der europäischen Reformvorhaben durch die GRÜNEN in NRW fest. Im Landtag wird die Umsetzung der Europäischen Datenschutzreform auch in Zukunft konstruktiv begleitet, um eine Stärkung des Datenschutzes für ganz Europa zu erreichen.