BeschlüsseEuropaRedenRede zum Antrag der LINKEN: Keine Belastung der Steuerzahler in NRW bei der „Griechenland-Umschuldung“

17. November 20110

Drucksache: 15/3252

Plenarprotokoll 15/47

Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein Wort zum geschätzten Kollegen Jostmeier sagen. Herr Jostmeier, wir sind ja beide überzeugte Europäer. Aber Ihre Rede war keine Rede zum Antrag, sondern eine allgemeine politische Rede zu Europa. Überhaupt keine Rolle in dem Antrag spielen die Euro-Bonds. Um die geht es heute nicht. Schön, dass Sie dazu in Leipzig einen Beschluss gefasst haben, dass Sie Euro-Bonds nicht wollen. Wir haben dazu eine andere Meinung. Ich sage Ihnen: Nächste Woche wird der konservative EU-Kommissionschef Barroso Vorschläge zur Einführung von Euro-Bonds machen. Ich glaube, wir brauchen sie. Ebenfalls völlig deplatziert waren Ihre Ausführungen zur Griechenlandkrise. Die dortige Schuldenkrise ist keine reine Schuldenkrise. Die Probleme in Griechenland haben nichts damit zu tun, dass die rotgrüne Bundesregierung die Maastricht-Kriterien gerissen hat. Das war nicht schön, keine Frage. Das Entscheidende ist aber, diese nachher wieder einzuhalten. Das haben wir auch getan. Insofern ist alles gut. Griechenland hat eine völlig andere Problemlage. Dazu gehören eine Menge Statistikselbstbetrug, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und ein völlig aufgepumpter und überblähter Militärapparat. Sehr geehrter Herr Kollege Sagel, zu Ihrem Antrag. Ich bin gemeinsam mit meiner Vorrednerin der Meinung: Das ist an blankem Populismus nicht mehr zu überbieten. (Beifall von den GRÜNEN) Ich beginne vorne im Antrag. Was ist das Problem der Staatsverschuldung in Griechenland? Die Staatsverschuldungsquote liegt bei ungefähr 160 % des Bruttoinlandsproduktes. Das ist eine Schuldenlast, die – völlig offensichtlich – Griechenland in die Knie zwingt, die Griechenland die Luft zum Atmen nimmt. Und was muss man tun, damit Griechenland wieder atmen und auf die Beine kommen kann, damit es endlich wieder ein Wirtschaftswachstum gibt? Man muss natürlich Griechenland die Schuldenlast nehmen. Und das tut man am besten mittels eines Schuldenschnitts. Dafür haben wir Grüne schon immer plädiert. Wir haben bereits zu Beginn des vergangenen Jahres, als die Krise losging, gesagt: Wir brauchen einen 50%igen Schuldenschnitt für Griechenland. Hätten wir das mal getan! Stattdessen hatten wir eine Bundesregierung, die das eineinhalb Jahre lang verzögert hat. Jetzt machen wir endlich einen 50%igen Schuldenschnitt, aber er kommt leider viel zu spät. Diesen braucht Griechenland aber. Fazit: Der Schuldenschnitt ist notwendig und richtig. (Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]) Der Schuldenschnitt kommt jedoch zu spät. Zu Beginn der Krise gab es in Griechenland eine Schuldenlast von ungefähr 360 Milliarden €. Die waren alle in der Hand von privaten Banken. Jetzt haben wir Zeit verloren. Beim jetzigen 50%igen Schuldenschnitt reden wir nur noch von einem Volumen bei den privaten Gläubigern von ungefähr 200 Milliarden €. Der Schuldenschnitt kostet also die privaten Banken etwa 100 Milliarden €. Das ist nur noch ein Drittel der ursprünglichen Verschuldungssumme. Insofern kommt der Schnitt viel zu spät. Aber – ich wiederhole mich – er ist richtig. Was wäre denn die Alternative, lieber Kollege Sagel? Es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden. (Rüdiger Sagel [LINKE]: Ich höre immer zu! – Nadja Lüders [SPD]: Multitasking!) – Das ist wunderbar. Vielen Dank. Sie fordern in Ihrem Antrag keine Belastung der Steuerzahler. Was ist denn die Alternative? – Die Alternative ist, man nimmt Griechenland nicht die Schuldenlast. Der griechische Staat geht dann komplett Bankrott, und wir haben eine Ausfallquote von 100 %. (Beifall von den GRÜNEN) Warum, glauben Sie, machen die Privatbanken das mit? Warum machen die einen 50%igen Schuldenschnitt mit einem Volumen von 100 Milliarden € mit? – Weil sie genau wissen, dass dies alternativlos ist. Dann hat man nämlich wenigstens noch 50 %. Was Sie hier fordern, ist doch irrwitzig. Sie fordern keine Belastung der Steuerzahler in NRW. Sie zocken doch mit dem Antrag. Stellen Sie sich vor, wir würden uns nicht beteiligen, (Rüdiger Sagel [LINKE]: Wer zockt?) wir würden die 50%ige Umschuldung nicht machen! Das wäre doch das Schlimmste. Dann droht uns vielleicht ein Totalausfall von 100 %. Das kann doch nicht in unserem Sinne sein. Das ist doch Unsinn. (Beifall von den GRÜNEN) Darüber hinaus stimmen in Ihrem Antrag – das ist die gleiche Logik – Ihre Darlegungen zur Verlustminderung bei der EAA nicht. (Rüdiger Sagel [LINKE]: Totalausfall!) – Nein, das ist kein Totalausfall. Ihre Rede war ein Totalausfall. Ihr Antrag ist ein Totalausfall. Das stimmt doch sachlich einfach nicht. (Rüdiger Sagel [LINKE]: Sie haben überhaupt keine Ahnung!) Erst einmal sind doch nur die privaten Banken betroffen. Wir reden und diskutieren doch gerade darüber, ob auch die öffentlichen Banken, wie zum Beispiel die NRW.BANK, einbezogen werden. Darüber kann man gerne diskutieren. Das steht heute aber noch gar nicht fest. (Rüdiger Sagel [LINKE]: Ihr seid zwar in der Regierung, aber ihr seid nicht beteiligt!) Klug ist es, wenn man das macht und sich freiwillig daran beteiligt. Das ist doch Schutz und präventiv. Es ist doch wesentlich besser, nur 50 % anstatt 100 % abzuschreiben. (Rüdiger Sagel [LINKE]: Ihr habt keine Ahnung davon!) Insofern: Ihr Antrag ist in dieser Form überhaupt nicht zustimmungsfähig. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall von den GRÜNEN)

Link zum Plenarprotokoll:

http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP15-47.pdf?von=4775&bis=4788

Link zum Antrag: http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD15-3252.pdf?von=1&bis=0

Stefan Engstfeld

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