Stefan Engstfeld Persönliche Erklärung

Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Heute haben wir im Landtag NRW als Top 11 unserer Tagesordnung das „Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ in 2. Lesung diskutiert und beschlossen.

Dabei handelt es sich um einen Gesetzentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Asylbewerberleistungsgesetz des Bundes.

Im Klartext: Damit soll die Landesregierung ermächtigt werden, über den Weg einer Rechtsverordnung die konkrete Ausgestaltung einer Bezahlkarte für Geflüchtete zu regeln.

Eine sehr schwierige Entscheidung, da ich persönlich die Bezahlkarte ablehne und für falsch halte.

Ich glaube, dass eine Bezahlkarte geflüchtete Menschen stigmatisiert, sie in ihrer Lebensführung bevormundet und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben behindert und so nicht zuletzt auch die Arbeit der in der Integrationsarbeit Tätigen.

Die Migrationsforschung zeigt auf, dass die mit der Einführung einer Bezahlkarte verbundene Hoffnung, die Migration von Menschen ohne gültige Einreisepapiere zu beschränken, eher unrealistisch ist.

Auch wenn Leistungen nicht mehr bar ausgezahlt und Rücküberweisungen an die Familien oder an „Schlepper“ unmöglich werden, werden sich Menschen weiter auf den Weg machen, weil Stabilität, Schutz vor Verfolgung oder bereits in Deutschland lebende Verwandte wichtigere Migrationsgründe sind – und vor allem die Aussicht, durch reguläre Jobs auch die Familie zu Hause unterstützen zu können.

Kurzgefasst: Die Bezahlkarte erschwert und belastet eine Integration von zu uns geflüchteten Menschen und wird ihre „abschreckende“ Wirkung nicht entfalten.

Das hat meiner Meinung nach rein gar nichts mit einer modernen Einwanderungspolitik mehr zu tun.

Denn ich setzte mich für die gesellschaftliche Teilhabe und finanzielle Inklusion von

geflüchteten Menschen in unserem Land ein – weil eine aktive Teilnahme am

gesellschaftlichen Leben und der Zugang zu finanziellen Ressourcen essenziell

für die Integration von Geflüchteten ist.

In Deutschland und Nordrhein-Westfalen ist Einwanderung seit mehreren Jahrzehnten nicht nur gelebte Realität. Wir sind zugleich auf Einwanderung angewiesen. Für uns GRÜNE steht Integration, Teilhabe und gesellschaftlicher Zusammenhalt im Mittelpunkt – sowohl für hier lebende als auch für ankommende Menschen

Trotzdem habe ich heute dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Wieso?

  1. Es handelt sich hier ursprünglich um eine Vereinbarung der Ministerpräsidenten und des Bundeskanzlers (MPK-Beschluss) von November 2023 und einem Gesetz des Bundestages von April 2024, was nun in allen 16 Bundesländern umgesetzt wird. Es gibt in keinem Bundesland und auch nicht bei uns in NRW eine ausreichende parlamentarische Mehrheit, die die Einführung einer Bezahlkarte verhindert. Das bedeutet: Mein bzw. unser Abstimmungsverhalten im Landtag NRW hat keinen Einfluss auf die Frage, OB die Bezahlkarte kommt oder nicht.
  2. Wir haben aber als Land Einfluss auf das WIE sie kommt. Und ich bin sehr dankbar, dass wir den Weg für alle Kommunen in NRW offen machen, ob sie eine Bezahlkarte einführen oder nicht. Das ist die sogenannte Opt-Out Regelung, die im Gesetz verankert ist.Jede Kommune kann also selbst über die Einführung entscheiden.Für meine Heimatstadt Düsseldorf ist diese Entscheidung aus meiner Sicht eindeutig – auch abgesehen von meiner grundsätzlichen Ablehnung der Bezahlkarte. Düsseldorf braucht keine Bezahlkarte! Denn hier würde sie gerade einmal für rund 50 Fälle/Haushalte eingeführt. Es wäre ein enormer bürokratischer Aufwand für die Stadtverwaltung und stünde so in keinem Verhältnis zum Nutzen.
  3. Die Bezahlkarte ändert nichts am Asylverfahren selbst oder am Schutzstatus der zu uns geflüchteten Menschen. Das halte ich für elementar. Ohne diese Gewissheit wäre eine Zustimmung für mich nicht möglich.

Ich habe zugestimmt, weil sich die Bundesländer mit dem Bundeskanzler und letztlich dem Bundestag auf die Bezahlkarte geeinigt haben und auch wir vertragstreu in einer Koalition sind. Denn in der Sache lehne ich die Bezahlkarte ab.

Düsseldorf, 18.12.2024

Stefan Engstfeld MdL